Der (planende) Architekt und die Forderung einer Bauhandwerkersicherheit nach § 648a BGB

Nach der Änderung der Vorschrift des § 648a BGB Bauhandwerkersicherung durch das Forderungssicherungsgesetz und der hiermit nunmehr gegebenen Möglichkeit, eine Bauhandwerkersicherung direkt im Klagewege zu erstreiten, ist eine deutlich vermehrte Geltendmachung einer Sicherheit nach § 648a BGB durch den Auftragnehmer gegenüber dem jeweiligen Auftraggeber festzustellen.

Nach dem Wortlaut des § 648a BGB steht dem Unternehmer eines Bauwerks  – und damit auch dem Architekten und Planer – gegenüber dem Besteller ein (einklagbarer) Anspruch auf Stellung einer Sicherheit in Höhe der noch nicht gezahlten Vergütung zzgl. 10 % Nebenforderungen zu

Auffällig ist, dass von Architekten, Ingenieuren, Fachplanern etc., deren Verträge mit den jeweiligen Auftraggebern ebenfalls als Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff. BGB eingestuft werden, weiterhin nur sehr zurückhaltend von der Vorschrift des § 648a BGB Gebrauch gemacht wird. Gründe hierfür können nur vermutet werden. Möglicherweise existiert oftmals bereits keine Kenntnis darüber, dass auch der Planer, wenn er Leistungen für ein Bauwerk im Sinne des § 648a BGB erbringt, eine entsprechende Sicherheit fordern kann. Teilweise liegt auch die – fehlerhafte – Vorstellung vor, dass eine Bauhandwerkersicherung erst dann verlangt werden kann, wenn sich Planungs- bzw. Architektenleistungen in einem konkreten Planungserfolg realisiert haben bzw. ihren Niederschlag in einer Werterhöhung des Bauwerks gefunden haben.

Die letztgenannte Auffassung ist nach der aktuellen, herrschenden Rechtsprechung als nicht zutreffend zu bezeichnen. Insbesondere vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 06.03.2014 (BGH VII ZR 349/12) erscheint es angezeigt, noch einmal die (aktuellen) Anforderungen an den Anspruch auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung nach § 648a BGB aufzuzeigen.

Zunächst ist klarzustellen, dass auch der lediglich planende Architekt und/oder Ingenieur als Vertragspartner eines Werkvertrages nach den §§ 631 ff. BGB selbst dann eine Sicherheit nach § 648a BGB verlangen kann, wenn seine Planungsleistung noch nicht umgesetzt wurde bzw. sich noch nicht im Bauwerk verwirklicht hat (OLG Naumburg 12 U 149/13; OLG Düsseldorf 21 U26/04). Denn die Wertsteigerung ist nicht Erfordernis für die Anwendbarkeit des § 648a BGB, da eine solche Voraussetzung schon nicht dem Wortlaut der Norm, aber auch nicht der Intention des Gesetzgebers entnommen werden kann. Schützenswert ist nämlich nicht der Auftraggeber, sondern der nach dem Werkvertragsrecht grundsätzlich vorleistungspflichtige Auftragnehmer. Dieser Gesetzeszweck kann nur erreicht werden, wenn die Leistung bereits vor deren Erbringen gesichert wird, also in einem Zeitpunkt, in dem die tatsächliche Wertsteigerung noch nicht eingetreten sein kann (OLG Düsseldorf a. a. O.).

Von großer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Entscheidung des BGH vom 06.03.2014 (VII ZR 349/12) zu bewerten. Zum einen hat der BGH mit dieser Entscheidung noch einmal herausgestellt, dass auch nach Kündigung des (Werk-) Vertrages eine Sicherheit für die noch offene Vergütung verlangt werden kann. Denn das Sicherungsinteresse des Unternehmers besteht solange, solange sein Vergütungsanspruch noch nicht (vollständig) befriedigt worden ist.

Bedeutsam für die Rechtspraxis ist auch der weitere vom BGH herausgestellte Grundsatz, wonach Sinn und Zweck der Vorschrift des § 648a BGB ist, dass der Werkunternehmer im Hinblick auf das Insolvenzrisiko seines Auftraggebers eine möglichst schnelle Sicherheit erlangen soll. Ob der der Forderung der Sicherheit zu Grunde liegende Anspruch auf Vergütung berechtigt ist, soll grundsätzlich erst im sich anschließenden Werklohnprozess unter Berücksichtigung etwaiger Gegenansprüche geklärt werden. Für den Prozess auf Stellung einer Sicherheit nach § 648a BGB genügt es, so der BGH, dass der Unternehmer seinen Vergütungsanspruch schlüssig darlegt, wobei eine schlüssige Darlegung in der Regel durch eine nachvollziehbare Schlussrechnung erfolgt.

Ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die Berechnung des Vergütungsanspruches als Grundlage für den Anspruch auf Stellung einer Sicherheit gegeben sind, ist hingegen im Prozess auf Stellung einer Sicherheit nicht zu erörtern.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass bereits unter Einhaltung sehr überschaubarer Anforderungen an die Darlegungslast und damit recht unproblematisch vom Auftragnehmer eine Sicherheit erlangt werden kann. Effektive Verteidigungsmöglichkeiten stehen hingegen dem Auftraggeber kaum zu Verfügung, sodass sich der rechtsanwaltlich gut beratene Auftraggeber, der sich dem Anspruch auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung ausgesetzt sieht, dieser Forderung nicht verweigern sollte, um die Kosten eines wenig erfolgversprechenden Verfahrens zu vermeiden.

Einwendungen gegen den Anspruch des Auftragnehmers auf Stellung einer Sicherheit stehen nur insoweit zu Verfügung, als dass seitens des Auftraggebers vorgetragen wird, die (Schluss-) Rechnung sei nicht prüfbar, sodass die Höhe des geltend gemachten Anspruches auf Sicherheit nicht nachvollzogen werden könne. Allerdings ist der Unternehmer auch in diesen Fällen verpflichtet, eine Sicherheit nach § 648a BGB zu stellen, denn er hat dann selbst den unstreitig noch offenen Vergütungsanspruch festzustellen und hiernach eine Bauhandwerkersicherung zu gewähren. Ein schlichtes Zurückweisen der Inanspruchnahme unter Berufung auf die Nichtnachvollziehbarkeit der Schlussrechnung ist nicht zulässig.

(Peter Schulze)
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau – und Architektenrecht

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