Das neue Mindestlohngesetz – MiLoG (2015)

Am 01.01.2015 ist das Gesetz vom 11.08.2014 zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz – MiLoG, BGBl. I 1348) in Kraft getreten. Nach § 1 MiLoG gilt damit flächendeckend für das gesamte Bundesgebiet ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 € brut-to je Zeitstunde.
Soweit allerdings nach § 5 TVG für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge oder Rechtsverordnungen aufgrund des § 11 AEntG oder § 3a AÜG bestehen, gehen deren abweichenden Regelungen vom Mindestlohn bis längstens 31.12.2017 vor.

Für wen gilt das Gesetz?

Das Gesetz gilt für alle Arbeitnehmer, soweit für sie in dem Gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist. Der Mindestlohn gilt demnach z. B. auch für Probearbeitsverhältnisse und geringfügig Beschäftigte.
Ausgenommen vom Gesetz sind Auszubildende, Personen unter 18 Jahren ohne abge-schlossene Berufsausbildung und ehrenamtlich Tätige. Für Zeitungszusteller bestehen Son-derregelungen.

Ferner können nach dem Gesetz Praktikanten ausgenommen sein, wenn das zeitlich be-grenzte Praktikum in einem Zusammenhang mit einer Ausbildung bzw. dessen Vorbereitung steht. Daneben gelten wichtige Besonderheiten in Bezug auf Praktikumsverhältnisse, welche auf freiwilliger Basis abgeleistet werden. Als Praktikanten gelten auch Langzeitarbeitslose während einer Einstiegsqualifizierung.

Was darf der Arbeitgeber auf den Mindestlohn anrechnen?

Der Mindestlohn ist reiner Zeitlohn. Auch bei leistungsbezogenen Vergütungssystemen (Akkordlohn, Stücklohn, etc.) besteht Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Auf den gesetzlichen Mindestlohn sind allerdings keine Entgeltbestandteile einzuberechnen, die nicht die „normale“ Arbeitsleistung vergüten, wie z. B. Zuschläge für Sonn-, Feiertags-, Schicht-, Nacht- oder Überstundenzuschläge, Prämien für besondere Mehrleistungen oder Zulagen aus Erschwernis bzw. Schmutz. Im Zweifel bedarf die Einbeziehung von Entgeltbestandteilen der Auslegung. Besondere Fragen werfen in diesem Zusammenhang auch unter (Widerrufs-)Vorbehalt geleistete Sonderzahlungen oder gewährte Vorschüsse auf Provisionen auf.

Bis wann ist der gesetzliche Mindestlohn zu zahlen?

Der Arbeitgeber hat den gesetzlichen Mindestlohn spätestens am letzten Bankarbeitstag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, zu zahlen. Eine vereinbarte frühere Fälligkeit geht dem vor. Ist vertraglich nichts vereinbart, bestimmt sich die Fälligkeit der Vergütung grundsätzlich nach § 614 BGB.
Auf vertraglichen Vereinbarungen beruhende Guthaben auf Arbeitszeitkonten sind abwei-chend davon spätestens innerhalb von zwölf Kalendermonaten nach ihrer monatlichen Er-fassung durch bezahlte Freistellung oder Zahlung des gesetzlichen Mindestlohnes auszu-gleichen. Es dürfen in das Arbeitszeitkonto nur Stunden eingestellt werden, die monatlich jeweils 50 Prozent der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nicht übersteigen.

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber nicht ausgeglichene Arbeits-stunden bis zum Ende des auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgenden Kalen-dermonats auszugleichen.

Sind Abweichungen vom gesetzlichen Mindestlohn zulässig?

Abweichungen oberhalb des gesetzlichen Mindestlohns sind zulässig. Dagegen sind Verein-barungen, die den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn unterschreiten, unwirksam. Bestehende Verträge werden aber in diesem Fall nicht unwirksam; der Arbeitnehmer kann dann aber die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns verlangen. Der Verzicht auf den ge-setzlichen Mindestlohn ist nur in einem gerichtlichen Vergleich zulässig; die Verwirkung ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen dürften unwirksam sein, wenn sie den Mindestlohn erfas-sen.

Regelungen des AEntG und des AÜG und der auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsver-ordnungen sowie in nach § 5 TVG für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 1 sowie §§ 5 und 6 Abs. 2 AEntG gehen dem MiLoG vor, soweit die dort festgesetzten Branchenmindestlöhne den Mindestlohn nach dem MiLoG nicht unterschrei-ten.

Aufzeichnungspflicht des Arbeitgebers

Gemäß § 17 MiLoG sind Arbeitgeber seit dem 01.01.2015 verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit spätestens bis zum folgenden 7. Kalendertag aufzuzeichnen und solche Aufzeichnungen mindestens 2 Jahre aufzubewahren. Die Aufzeichnungspflicht gilt allerdings nur für bestimmte Branchen und Bereiche. So trifft die Aufzeichnungspflicht Arbeitgeber und Entleiher, die jeweils einem nach dem SchwarzArbG ausweismitführungs-pflichtigen Wirtschaftszweig angehören oder Mindestarbeitsbedingungen nach dem AEntG oder dem AÜG einhalten müssen. Für geringfügig Beschäftigte gilt die Aufzeichnungspflicht allerdings für alle Arbeitgeber.
Durch Rechtsverordnung kann die Bundesregierung die gesetzlich normierte Aufzeich-nungspflicht bezüglich bestimmter Arbeitnehmergruppen oder bestimmten Wirtschaftszwei-gen einschränken oder sogar erweitern. Diesbezüglich wird empfohlen, sich regelmäßig über aktuelle Entwicklungen zu informieren. Mit der MiLoDokV (Mindestlohndokumentationspflich-ten-Verordnung) vom 18.12.2014 hat die Bundesregierung bereits Ausnahmen zur Aufzeich-nungs- und Meldepflicht zugelassen. Voraussichtlich wird die Bundesregierung auch weiter-hin hiervon Gebrauch machen.
Aktuell stehen die Aufzeichnungspflichten für geringfügig Beschäftigte im Fokus der Diskus-sionen.

Haftung des Auftraggebers

Das MiLoG enthält in § 13 eine sog. Subsidiärhaftung, die der bereits in § 14 AEntG normier-ten Haftungsregelung für Unternehmer gleichkommt. Nach der Regelung haften auftragge-bende Unternehmer für die Verpflichtung ihres Auftragnehmers, eines vom Auftragnehmer beauftragten weiteren Auftragnehmers (Subunternehmer) oder eines vom Auftragnehmer oder einem Subunternehmer beauftragten Verleihers, ihren Arbeitnehmern das Mindestent-gelt zu zahlen wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat.

Der Umfang der Haftung beschränkt sich dabei auf das Mindestentgelt, womit das Nettoent-gelt gemeint ist. Das MiLoG enthält zwar keine Regelung für den insolvenzbedingten Zahlungsausfall. Es ist jedoch davon auszugehen, dass auch in diesem Fall die Bürgenhaftung des § 13 MiLoG greift, mit der Folge, dass sich wohl letztlich auch die Bundesagentur für Arbeit beim Auf-traggeber für geleistete Insolvenzgeldzahlungen schadlos halten kann.

Was ist zu tun?

In der Praxis ist es für Auftrag gebende Unternehmer von wesentlicher Bedeutung,  frühzeitig sicherzustellen, dass das MiLoG auch durch beauftragte Dritte eingehalten wird. Vertragliche Gestaltungen zwischen den Auftragsparteien sind geeignete Mittel zur Eingrenzung des je-weiligen Haftungsrisikos.

Für das Arbeitsverhältnis empfehlen wir Ihnen, bestehende Arbeitsverträge auf ihre Vereinbarkeit mit dem MiLoG insbesondere im Hinblick auf die Wirksamkeit von Ausschlussfristen zu überprüfen und bestehende Verträge ggf. an die neue Rechtslage anzupassen.

Die Bezeichnung einer Beschäftigung als Praktikum genügt regelmäßig nicht, um vom Min-destlohn abweichen zu können. Die zulässige Gestaltung solcher Beschäftigungsverhältnis-se erweist sich in der Praxis oftmals als schwierig.

Gerne stehen Ihnen unsere Arbeitsrechtler zu allen rechtlichen Fragen rund um das Thema „gesetzlicher Mindestlohn“ beratend zur Verfügung.

Ihre SRK Rechtsanwälte & Notare
Hannover,  März 2015